4:5 – Ein Höllentrip im Fernsehsessel

Ich bin ja schon einiges gewohnt. 18 Jahre Jahreskarteninhaber, Unterhaching, Berlin, Glasgow – alles mitgemacht. Aber das Spiel gegen Wolfsburg war so unfassbar bitter! Selten habe ich mich so sehr aufgeregt: über die Leistung der Werkself in den ersten 45 Minuten und ab der 90., über die vergebenen Chancen und vor allem über den Kommentator! Mein ganz persönlicher Reiseführer für den Höllentrip am Samstagnachmittag war Fritz von Thurn und Taxis. 

Ich musste verletzungsbedingt die Tribüne gegen den Sessel eintauschen und war deshalb auf Sky angewiesen. Die meisten Kommentatoren erträgt man ja, weil man sich auf das Spiel konzentrieren kann und nur mit einem Ohr hinhört. Aber in den ersten 45 Minuten gab mir das Geschehen auf dem Rasen genug Zeit, mal genauer zu lauschen, was der Kommmentator so von sich gibt. Thurn und Taxis ist ja offenbar sowas wie die Fachkraft bei Sky für Bayer 04. Jedenfalls höre ich ihn regelmäßiger als andere Kommentatoren, wenn Leverkusen spielt. Naja, jedenfalls fing es am Samstag schon vor dem Spiel an. „Toprak fehlt gelb-rot gesperrt wegen eines Handspiels in Bremen“. Gut, kein Problem. Jeder macht Fehler. Er hat sich ja korrigiert. Aber parallel zum Spielverlauf entwickelte sich der Reporter mit Adelstitel zu einem nervigen Begleiter der Leverkusener Schmach. Da hat der Benaglio „einen tollen Körper“, die Bayer-Fans pfeifen Weltmeister Schürrle aus, und das „gehört sich nicht“, und „Roger Schmidt machen die Falten Sorgen“. Ok, Thurn und Taxis muss man mögen oder halt nicht. Ich mag ihn nicht. 
Kann aber auch sein, dass ich nach einem Ventil für meine Enttäuschung gesucht habe, und der Kommentator hat sich da einfach angeboten (zeitweise zweckentfremdete ich auch meine Krücken und benutzte sie als Wurfgeschoss). Denn so ein Spiel, das bleibt noch Tage im Kopf. Und nach 90 Minuten war da erstmal nur Fassungslosigkeit ob des unfassbar bitteren Endes dieser Achterbahnfahrt. Dieser Punkt wäre so wichtig gewesen, vor allem für die Fans. Die Stimmung kam super rüber und spätestens beim 4:4 hätte ich am liebsten meinen Sitznachbarn im Stadion umarmt, den Block zu einer Bierdusche eingeladen und danach „Bellarabi“ dreimal in das Stadionrund gebrüllt. Neben mir saß tatsächlich aber nur mein Hund, der die Ohren anlegte, weil ich einbeinig und laut schreiend durchs Wohnzimmer hüpfte. Muss man gesehen haben.
Dass die Aufholjagd am Ende nicht belohnt wurde, liegt meiner Meinung nach vor allem an der fehlenden Cleverness der Werkself. Da haben wir gerade ausgeglichen, können zudem nicht mehr wechseln und bekommen dann eine gelb-rote-Karte für ein Foul im Mittelfeld. Und hier muss ich Thurn und Taxis auch mal Recht geben: Der Platzverweis war berechtigt. Schon in der ersten Situation, für die er Gelb gesehen hat, haut Spahic seinem Gegenspieler (Caligiuri?) im Laufduell mit der Hand ins Gesicht – vollkommen unnötig. Da fehlen uns meiner Meinung nach ein paar Spieler, die kühlen Kopf bewahren, über mehr Spielintelligenz verfügen und mal ein 4:4 über die Zeit bringen. Denn so fühlt es sich an, als würde immer Leverkusen entweder große Vorsprünge verspielen oder sich für die Aufholjagd großer Rückstände nie belohnen. 
Als Lehre aus dem Spiel, sofern es denn überhaupt eine gibt, könnte die Schmidt-Truppe die Tatsache ziehen, dass Kießling im Sturm im Moment keine Option ist und Calhanoglu unbedingt eine Pause braucht. Das offensive Pressing findet zurzeit nur in wenigen Phasen des Spiels statt. Das ist zu wenig, um in der Tabelle oben dazuzugehören.
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