Keine Zeit für Träumer

Der Fußballfan an sich ist ja nicht gerade dafür bekannt, Sachverhalte reflektiert zu betrachten. Erst recht nicht, wenn es um den eigenen Verein geht. Wir Fans von Bayer 04 Leverkusen beherrschen das Spiel „Ja nein Schwarz Weiß“ aber wohl so gut wie keine andere Spezies in der Bundesliga. Wie sonst lässt sich erklären, dass nach dem 2. Spieltag schon alles schlecht ist, was vor drei Wochen noch gefühlt zur Meisterschaft gereicht hat? Die Bayern? Angreifbar! Unser Kader? Der beste aller Zeiten! Die Meisterschaft? Wenn der Nagelsmann das sagt!

drei spiele – drei mal schlecht

Natürlich war das 1:3 gegen Wolfsburg lächerlich schwach, die zweite Halbzeit beim 0:2 in Mönchengladbach ebenso und der Auftritt in Pforzheim hat bei seinem Anspruch als Lustmacher auf eine geile Spielzeit auch kläglich versagt. Unterm Strich: ein beschissener Start in die Saison!

Nun ist es aber so unterm Bayerkreuz, dass wir mit beschissenen Starts eher schlecht umgehen können. Denn die machen die schöne Euphorie kaputt, die wir uns über die Sommerpause so fleißig anttrainiert haben. Und wenn ein Bayerfan mal euphorisch ist, dann hat die Mannschaft gefälligst gut zu spielen!

ENttäuschte egos im stadionbus

Wenn sie das nicht tut, dann ist offenbar selbst der Sitzplatz im Stadionbus wichtiger als die letzten Minuten eines – zugegebenermaßen – sehr schlechten Spiels gegen die Mannschaft von Bruno Labbadia. Man hätte pfeifen können, man hätte sich noch eine Bratwurst holen können, man hätte einfach da sitzen bleiben und unzufrieden sein können. Das ist nun mal Bayer 04 Leverkusen – das ist nun mal Fan-Sein.

[su_box title=“MEHR VON PILLENLIEBE“ style=“soft“ box_color=“#ffffff“ title_color=“#060706″ radius=“12″]28. August 2016 | DANN HALT MEISTER MIT 33 SIEGEN…[/su_box]

Stattdessen stapfen sie wie beleidigte Kinder nach Hause. Motzig darüber, dass der böse Bruno aus Blödhausen mit ihrer kleinen Euphorie-Fee die Biege gemacht hat. Statt die Situation zu akzeptieren und mit etwas Abstand zu analysieren, kippt der gemeine Bayerfan seinen Frust in die sozialen Netzwerke. Und nach einigen Stunden intensiven Austauschs mit anderen Enttäuschten erscheint die Rettung der geschundenen Fan-Seele doch gar nicht mehr so fern.

Zwei Wörter schon lassen den Chemiewolken getränkten Himmel über der BayArena wieder rosa-rot erstrahlen, Meisterträume wahr werden und alle ertragenen Qualen endlich lohnenswert erscheinen: Ralph Hasenhüttl. Der Retter in unserer so großen Not nach dem 2. Spieltag.

wir verlieren die spiele im kopf

Mal ehrlich, Leute: Glaubt ihr mit dem wird das besser? Das ist keine Trainerfrage, sondern eine Frage der Geilheit und des unbedingten Willens, ein Spiel zu gewinnen. So wie es unser Ersatztorwart Ramazan Özcan nach der Partie ja schon auf den Punkt gebracht hat. Und ich glaube nicht, dass man das trainieren kann. Das hat man einfach – oder eben nicht.

Außerdem wehrt sich in mir alles dagegen, nach zwei gespielten Bundesligapartien alles zu hinterfragen. Heiko Herrlich hat vergangene Saison gute Arbeit geleistet und uns zurück nach Europa geführt. Ja, es war mehr drin.
Aber das können wir auch diese Saison noch erreichen!

Keine Toleranz für schlechte Phasen

Wir sollten unser Schwarz-Weiß-Denken mal hinterfragen. Ich vermisse den Spielraum für Phasen, in denen es einfach mal scheiße laufen darf und das Sitzfleisch, um schlechte Ergebnisse mit einer gesunden Portion Geduld auszuhalten. Die Spieler, denen wir jeden Samstag zujubeln, sind teilweise noch nicht mal 20 Jahre alt. Und dann sehe ich im Stadion gestandene Männer, die den jungen Burschen auf dem Platz auspfeifen, weil er gegen Wolfsburg verliert. Nur damit sich das eigene Ego nicht mit der ganzen Unzufriedenheit herumschlagen muss.

Die Euphorie ist ein mieser Verräter, weil sie uns immer vorgaukelt: Diese Saison wird’s was mit dem Titel. Und jedesmal glauben wir dran. Es ist ja auch noch nicht zu spät dafür. Mein Gott, es sind erst zwei Spiele gespielt! Ich persönlich vertraue Heiko Herrlich und unserer Truppe.  Zu einer Saison gehören eben auch Fehlstarts, Krisen und ärgerliche Niederlagen. Und zum Fan-Sein gehört Unzufriedenheit. Kommt damit klar!

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